Das ehemalige 4te Lehrjahr bedankt sich!

1024 682 Biodynamische Ausbildung

Im März 2016 fing es an. Seitdem ist unser Lehrjahr durch vier spannende Jahre gegangen. Mal verließ uns ein Auszubildender, mal kamen Neue dazu. Lisa Schäfer hat uns über die gesamte Zeit als Seminarleiterin begleitet. Anfangs zusammen mit Linde Baumgartinger, die ihr Amt nach der Geburt ihres ersten Kindes schweren Herzens ablegte. Zum Ende der Lehrzeit kam Lena Dorprigter dazu, die eine wertvolle Unterstützung auf dem Endspurt unserer Ausbildung war. Nach diesen vier Jahren haben wir uns und unser Fachwissen den Prüfern gestellt:
So individuell wie die Lehrlinge, ihre Betriebe und die Prüfer sind, gab es unterschiedlichste Prüfungssituationen und -resümees. Mal lobten Prüfer und Prüflinge den Tag und die erbrachte Leistung beiderseits. Natürlich gab es auch Beispiele, aus denen Unzufriedenheit resultierte, manchmal aber auch nur seitens des Prüflings, denn wir neigen ja dazu ziemlich streng mit uns selbst zu sein.
Am Ende haben 18 Personen alle Abschlussprüfungen erfolgreich durchlaufen und dürfen sich nun „Freie Gärtner“ oder „Freie Landwirte“ nennen. Sicher ist, dass jeder Einzelne von uns viel mitnehmen kann aus der langen gemeinsamen Ausbildungszeit und der vierjährigen Praxis auf den Betrieben. Wir sind an ihnen gewachsen und haben uns einen wertvollen Erfahrungsschatz aufgebaut.
Noch im Februar ging es für 10 der 18 voraussichtlichen AbsolventInnen, mit Begleitung unserer Seminarleiterin Lisa, nach Dornach zur Landwirtschaftlichen Tagung. Unter dem Titel „Wege zum Geistigen in der Landwirtschaft“ wurden sie dort von einem bunten und vielfältigen Programm erwartet: Vorträge von Bäuerinnen und Bauern weltweit, zum Thema passende Workshops, künstlerische Kurse, kulturelles Programm und viel Raum für Begegnungen.
In diesen wenigen Tagen gab es Eindrücke, die für viel mehr Zeit ausgereicht hätten, sodass manchmal auch der Kopf rauchte. Die Fahrt wurde teilweise durch Spenden ermöglicht, dafür vielen Dank! Um einen facettenreichen Einblick in das Erlebte zu ermöglichen haben vier Teilnehmende ihre persönlichen Eindrücke geschildert, welche wahrscheinlich mehr sagen als jeder objektive Bericht:
Zugegeben, angereist bin ich mit gemischten Gefühlen: Überwiegend Vorfreude natürlich, aber doch auch die Sorge, dass das eine sehr ernste Veranstaltung wird in diesem mysteriösen, beim ersten Anblick etwas furchteinflößenden Goetheanum. ‚Wege zum Geistigen in der Landwirtschaft.‘ Mal sehen…
Die Stimmung dort bei der Ankunft nahm dann schonmal die meiste Sorge raus, und nach dem ersten Abend im kathedralenartigen Großen Saal, gefüllt mit 900 Bauern und Bäuerinnen aus fast 50 Ländern, war ich erstmal überwältigt.
Neben der unglaublichen Vielfalt an Vorträgen und Eindrücken und der großen Weltoffenheit der Tagung und des ganzen Ortes waren dies meine Highlights:
Der Workshop: ‚Spirituelles Kompostieren‘. Bitte was? Klingt abgefahren, den wähl ich. – Einfach ausgedrückt ging es dort um den Mist, den wir alle so mit uns herumtragen. Kurz: Aus Blockaden, Konflikten, Ängsten usw. setze ich einen inneren Komposthaufen auf, der nach seinem Umsetzungsprozess ein individuelles Heilmittel für mich ist. Und damit auch für meine Umgebung, z.B. die Hofgemeinschaft.
Der Abend im Nachtcafé: Nach zwei Bier lasse ich mich überreden, ein bisschen Klavier zu spielen. Bald fängt es irgendwo an zu trommeln; es ist Rafa aus Brasilien, wie er sich später vorstellt. Wir jammen bis in die Nacht hinein, die Leute applaudieren, es gibt Eiscreme auf’s Haus und später Bier, für das man bezahlen kann, was man will. „Sowas gibt’s echt nur wenn die Landwirte da sind,“ sagt mir jemand vom Personal.
Eine ernste Veranstaltung? Ja, denn es sind ernste, teilweise sehr brisante und hochaktuelle Themen, die hier behandelt wurden, aber meiner Wahrnehmung nach immer mit einem gesunden Humor. Ich möchte hiermit allen Lehrlingen der biodynamischen Ausbildung ans Herz legen, einmal zur Landwirtschaftlichen Tagung zu fahren!
Moritz Aus meiner Sicht – eines der hellsten Highlights schlechthin innerhalb der Freien Ausbildung, war die Tagung in Dornach. Es war wie eine hochenergetische Konzentration – dort, am Goetheanum und seiner Umgebung – die man da verspüren konnte. Jeder/Jede Auszubildender der biodynamischen Ausbildung sollte mal da gewesen sein und das 4. Lehrjahr bildet dafür einen angemessenen Zeitpunkt, der zwar einerseits das nahende Ende der Ausbildung markiert, aber gleichzeitig einen neuen Wendepunkt bedeuten kann. Für mich persönlich war der Kontakt mit einem internationalen Publikum sehr erbaulich und das Gespräch mit dem/der einen oder anderen bereicherte (neben den Workshops und Führungen) am meisten. Neue, vorher noch nicht gesehene Einsichten in eine Vorstellung von der Welt entstanden. Die Ausführungen einiger RednerInnen wie z.B. der von Ute Kirchgasser oder der letzte Vortrag des Amerikaners aus Kalifornien inspirierten mich nachhaltig. Wir Biodynamiker müssen, auch durch jeden Betriebsindividualismus hindurch, prägend sein für einen weiteren Umkreis in der Region. Zielführend hierfür ist sicherlich die Öffentlichkeitsarbeit, aber auch andere Aktivitäten. Eine Tagung wie diese, konnte diesen Anspruch auf sehr bemerkenswerte Art und Weise erfüllen. Weiter so – bis zur nächsten Tagung 2021.

Michael
Diese Landwirtschaftliche Tagung 2020 war meine erste in vier Jahren Ausbildung. Als Workshop hatte ich „Bildekräfteforschung als Methode zum Erfahren des Geistigen in der Natur“ gewählt. Da Markus Buchmann erkrankt war, haben Anke und Dorian Schmidt diesen Kurs kurzfristig übernommen. Das hat mich sehr gefreut, da ich in der Ausbildung immer wieder von Dorian Schmidt als „Koryphäe“ der Bildekräfteforschung gehört hatte.
In dem Kurs haben wir uns zunächst (Zugang war die Konzentration auf unsere Füße) über „Gesten“ der Bildekräfte verständigt, also eine gemeinsame Grundlage geschaffen:
Was nimmt der Einzelne wahr und wie kann die Wahrnehmung in Worte gefasst werden, welche grundsätzlichen Gesten (auf – ab, Tiefe, Höhe, Weite, Enge, Wurzeln, Höhlen…) spiegeln Bildekräfte wieder?
Im Garten haben wir uns einer Eiche genähert und jeder für sich versucht, die Stimmung des Baumes wahrzunehmen und verschiedene Distanzpunkte und Unterschiede zu beobachten. Besonders wichtig ist der Austausch unter den Teilnehmern, da sich häufig die Frage stellt: Was bilde ich mir ein? Was schwingt mir tatsächlich entgegen? Wo endet Wahrnehmung und wo beginnt Interpretation?
Der Kurs hat mich sehr in meiner Einstellung zu Bildekräften bestärkt und es hat mir Freude gemacht, mich mit anderen Personen dazu auszutauschen.
Als künstlerischen Kurs hatte ich „Malen“ belegt. Auch dieser Kurs war für mich eine Bereicherung. Zwischendurch während der Tagung, die inhaltlich durch die vielen Vorträge und Kurse dicht bepackt war, ganz oben im Goetheanum eine Zeit der Ruhe und Beschäftigung mit sich selbst zu erleben, erdete mich und schaffte Regeneration im Geiste. Tatsächlich habe ich – wie von der Kursleiterin vorgeschlagen – einen Tag nur mit blau, einen mit rot und einen mit gelb verbracht; als Nicht-Waldorfschüler eine neue Erfahrung.
Die gesamte Tagung mit ihren 900 Teilnehmern aus über 40 Ländern hat mich sehr beeindruckt. Ich war erstaunt, wie hoch die Qualität der Vorträge und Vortragenden war und wie aktuell eine Tagung sein kann, die doch so lange im Voraus mit einem so offenen Thema sich entwickeln kann. Als Highlights möchte ich noch die Vorträge von Thea Maria Carlson und Constanza Kaliks erwähnen.
Ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken, dass durch Geldspenden mir der Besuch der Tagung ermöglicht wurde! Es hat sich wirklich gelohnt. Danke!

Amelie
Mit 10 von 18 Lehrlingen aus dem nun abschließenden 4. Jahr der gerade noch „Freien Ausbildung“ NRW/Hessen durfte ich als Seminarleiterin eine großartige Tagung miterleben. Mit Kollegen aus 48 Ländern, darunter diverse Ausbildungen, waren die Teilnehmenden so bunt wie das Programm.
Für mich war die Tagung dazu ganz erfüllt von Elementargeistern und Engelwesen.Im Workshop mit Anna Cecilia Grünn und Ursula Mahenke sind wir dem Gemüsegarten, der Obstwiese unterhalb des Goetheanums und den Komposten und all ihren Wesenheiten begegnet, haben versucht, ihre Bedürfnisse zu erspüren und ihnen mit eurythmischen Gesten unterstützende Impulse anzubieten.
Agnes Hardorp hat eine Gruppe zu den „Ankerplätzen“ verschiedener Wesenheiten auf dem Gelände geführt, auch das waren sehr berührende Momente, und die Gruppe der Werbeck- Svärdström- Singenden um Maria Rechsteiner hat sich am Ende mit Liedern und Naturjodeln beim Goetheanum und allen angeschlossenen Wesen mit unfassbaren Klängen im Flur bedanken können.
Dazu kamen etliche engelsgleiche Begegnungen mit ehemaligen Ausbilder(inne)n, Lehrlingskommilitonen aus meinem ersten Lehrjahr, Kollegen aus aller Welt, ehemaligen und Noch-Lehrlingen unserer und anderer Ausbildungen, helfenden unsichtbaren – auch durchaus menschlichen – guten Geistern und lieben Freunden – zu denen auch meine Lehrlinge wirklich geworden sind – eine weitere Reise, die sich unbedingt gelohnt hat.
Was vor allem nachklingt ist der Mut und die Zuversicht, mit so vielen guten Unterstützern jeden Alters und so verschiedener Hintergründe, den bio-dynamischen Weg auch in schwierigen persönlichen und Erdenzeiten ganz handfest und mit den Füßen auf der Erde mit einer gewissen Leichtigkeit und Beschwingtheit weitergehen zu können.
Einen herzlichen Dank an alle, die diese Aufgabe möglich machen.

Lisa
Nach diesen tiefgehenden Tagungserlebnissen mussten einige Auszubildende noch ihre Prüfung ablegen, bevor schließlich Mitte März, am 14.3. unsere Abschlussfeier stattfinden sollte. Rund 150 Gäste hatten wir erwartet: Zusammenkunft, die angefertigte Jahresarbeit präsentieren, Gespräch, sich feiern lassen, beglückwünschen. Doch angesichts der beunruhigenden Verbreitung des Corona-Virus entschlossen wir uns am 13.3. dazu, allen geladenen Gästen abzusagen. Da die Präsentationen der Jahresarbeiten der letzte Baustein des Abschlussprozederes sind, sollte die Demeter-Geschäftsstelle, mit Ute Rönnebeck, Gabrielle Heringhaus und Luise Holzapfel anwesend sein und diesen Prüfungsteil abnehmen.
So wurde es noch zu einem gelungenen Tag. Die Hälfte der Lehrlinge präsentierte ihre Jahresarbeiten wie gewohnt in Vortragsform, die andere Hälfte hatte „Messestände“ aufgebaut, um ihre Werke anhand von Anschauungsmaterial, sowie Tast- und Geschmacksproben vorzustellen.
Diese Aufteilung war notwendig, weil wir erfreulicherweise ein so starker Jahrgang mit so vielen Absolventen sind, dass es zeitlich nicht möglich gewesen wäre, alle Jahresarbeiten in Vortragsform zu präsentieren. Es war sehr schön und inspirierend noch einmal so ausführlich mitzubekommen, mit welchen Themen sich jeder eigenständig auseinandergesetzt hatte. Dabei sind herausragende Erkenntnisse entstanden, Baumaßnahmen durchgeführt und Produkte entwickelt wurden, von denen nicht nur der Lehrling wissens- und erfahrungsmäßig profitiert, sondern in vielen Fällen auch der jeweilige Betrieb. So erleichtern die entstandenen Stallsysteme den Umgang mit Schweinen oder Kälbern, Salatsorten wurden anhand ihrer Standorttauglichkeit für den zukünftigen Anbau erprobt und ausgewählt, neue Rezepturen für glutenfreies Brot bereichern das Angebot eines Hofladens und die Integration von Bäumen auf und um Weide- und Ackerflächen wurde geplant und wird umgesetzt werden. Dies sind nur fünf von 18 Jahresarbeiten, die es sich zu lesen lohnt, und auf welche ich an dieser Stelle ausdrücklich verweisen möchte. Auf der Internetseite http://www.freie-ausbildung-nrw-hessen.de/jahresarbeiten.php ist einer Übersicht über die Jahresarbeiten unseres Lehrjahres (sowie alle Jahresarbeiten seit dem Jahr 2000) zu finden. Wer eine oder mehrere der Arbeiten lesen möchte, der wende sich bitte an die Geschäftsstelle Demeter NRW, z.B. unter der Email-Adresse ausbildung@demeter-nrw.de. Sollte es zu den gelesenen Arbeiten Rückfragewünsche geben, so ist der ein oder andere Autor sicherlich gerne bereit diese zu beantworten. Der Kontakt kann dann ebenfalls über die Demeter Geschäftsstelle hergestellt werden.
Zwischen Vortrags- und Messegeschehen aßen wir schließlich gemeinsam zu Mittag, wozu wir mit mildem und sonnigem Wetter beschenkt wurden. Das war ein kleines Wunder, hatten die vorangegangenen Tage und die Vorhersagen doch das Gegenteil angepriesen.Dann gab es noch eine Überraschung: Martin von Mackensen hatte den weiten Weg von Bad Vilbel aus auf sich genommen, um uns noch ein letztes Mal in unserer Lehrzeit einen Impulsvortrag zu halten. Körperlich auf Distanz doch im Geiste sehr nah gab er uns ein weiteres Mal inspirierende Worte und Gedanken mit auf unsere Wege. Für Viele von uns war das eine gelungene Unterstützung an diesem Tag, der sich doch für die Meisten, sozial gesehen, recht entbehrungsreich darstellte.
Nach Kaffee und Kuchen kamen wir zur letzten Einheit des Festtages:
Die Verabschiedungsrede, die das dritte Lehrjahr für uns vorbereitet hatte, hatte uns digital erreicht und wir verlasen sie uns selbst – schauspielerisch in den Rollen der Autoren. Danach dankten wir der Geschäftsstelle und unseren Seminarleiterinnen für die Organisation und Unterstützung in den letzten Jahren mit Blumengruß und kleinen Geschenken, um Erinnerung und Freundschaft zu erhalten.
Schließlich folgte die Zeugnisvergabe, bei welcher jeder Absolvent ein Arbeitsmesser und eine kleine Portion Horn-Kiesel Präparat erhielt, welche uns bei dem Start in die landwirtschaftliche Zukunft behilflich sein werden. Und zum Schluss wurde reihum kundgegeben was nun jeweils der nächste Schritt nach der Ausbildung sein wird.
Bemerkenswert und hoffnungsgebend, dass es für jeden Einzelnen die Landwirtschaft sein wird.
Eine so große Zahl an Absolventen und alle werden ihr Ideal ganz bodenständig im täglichen Tun weitertragen.
Dann wurden Korken knallen gelassen und wir feierten die gemeinsam verbrachten Jahre.
Am nächsten Tag verabschiedeten wir uns voneinander und für viele schlug erst hier die Traurigkeit richtig zu – das Bedauern, dass wir unseren Abschluss nicht mit noch viel mehr unserer geliebten Menschen hatten verbringen können.
Ein Trost hierbei ist sicherlich, dass wir unser nächstes Treffen bereits geplant haben:
Mitte Mai soll es (falls die aktuelle Lage es erlaubt) zur Wanderung in den Schwarzwald gehen. Hier wollen wir an vier Tagen vom Untermühlbachhof zum Mathislehof laufen und die Nachtruhe jeweils auf dazwischenliegenden Höfen antreten. Wir wollen über dem Feuer kochen, die Frühlingsstimmung wahrnehmen und mit viel Zeit und Ruhe das Beisamensein genießen.
Und auch danach, so viel ist sicher, werden die Verbindungen zwischen uns Lehrlingen, den Seminarleiterinnen und den Menschen auf den Betrieben nicht abbrechen. Sie werden vielmehr weiterleben und unsere gemeinsamen Visionen ihre Wellen schlagen. Denn in der Liebe zum Handeln und mit Respekt vor Allem bestehenden, wollen wir unsere Vorhaben auf den Boden
bringen.

Mit herzlichem Dank und freudigem Blick auf die Zukunft,
Die Absolventen der Freien Ausbildung, 2016-2020
Amelie, Anke, Christa, Flo, Hannah, Jenny, Julia, Lara, Lucca, Luisa, Maike, Merle, Michi, Moritz, Niko, Pico, Roberto und Timo, sowie alle Ehemaligen: Alina, in Gedenken an Christian, David, Ester, Felicia, Gabriel, Lion, Luna, Oli und Pascal