Da ich im 3. Lehrjahr der Freien Ausbildung NRW/Hessen bin und es zu einer Tradition geworden ist, in diesem Lehrjahr die Novembertagung zu organisieren, werde ich auch von dieser berichten.
Die Novembertagung ist eine Tagung für Menschen, die sich für Landwirtschaft interessieren. Insbesondere für die Lehrlinge der Freien Ausbildung.Sie soll ein Raum für Begegnung sein, ein Raum wo man Erfahrungen austauschen kann, etwas lernen, lachen ,tanzen-und singen kann, um dann mit neuen Impulsen wieder in den Alltag zurück zu kehren.
Unser Motto dieses Jahr hie „Augen öffnen – von der Landwirtschaft zur Landbaukultur“ welche Impulse können und wollen wir gemeinsam in die Zukunft tragen?
Wie kamen wir auf dieses Thema? Wir fragten uns ob es noch zeitgemäß sei alleine vor sich hin zu arbeiten. Verändern wir dadurch die Welt? Müssen wir nicht erst einmal die Augen öffnen um überhaupt sehen zu können was in der Welt geschieht, um dann etwas zu verändern? Müssen wir nicht auf uns schauen, wie wir uns verhalten? Ist das nicht der allererste Schritt – bei sich selbst etwas zu verändern, sich zu entwickeln – bevor man in die Welt hinaus geht?
Wir kamen bald zu dem Entschluss dass wir aktiv werden wollten. Wir würden gerne Menschen treffen die ähnliche oder vielleicht gleiche Anliegen haben wie wir selbst. Dafür wollten wir einen Raum auf der Novembertagung schaffen.
Bald mussten wir feststellen, dass die Novembertagungsplanung nicht nur diese sozialen Programm fragen beinhaltet, sondern sehr viel Geld kostet. All die tollen Dozenten müssen ja auch von etwas leben! Die Freie Waldorfschule Kassel, die uns ihre Räume zur Verfügung stellte, muss Miete haben, Lebensmittel für 200 Menschen!
Wir wollten die Teilnehmergebühr nicht erhöhen. Sie ist aus der Tradition heraus sehr gering. (Lehrlinge verdienen nicht all zu viel) also hieß es Spenden suchen!
Tja, welche Firma möchte spenden? Die Großen? Nein, so ein paar Lehrlinge, die eine Tagung organisieren wollen, dass ist doch viel zu klein…die kleineren Firmen? Die haben selber kein Geld!
Wir waren ratlos und frustriert. Zum Glück wurden uns viele Sachspenden zu gesagt so dass wir wussten, verhungern würden wir schon einmal nicht…
Zu Letzt machten wir doch einen Kleinspendenaufruf! Und tatsächlich, wir bekamen recht viel an Geld zusammen. So möchte ich mich bei all den Menschen bedanken die unsere Tagung unterstützt haben!
Am 5.11.2010 sollte die Tagung beginnen… wir reisten am Morgen nach Kassel um vor Ort endlich mal sehen zu können was wirklich alles da sei oder eben fehle.
Dort angekommen, rannten schon die Ersten aus meinem Lehrjahr hektisch herum, diskutierten welches Schild wo hin kommen solle und die Schüler der Kassler Waldorfschule sagten “ Bor, hier stinkt es nach Kuh“ Das stimmte wohl, 13 Bauern auf einem Haufen, teilweise wurde am Morgen ja noch gemolken, das kann stinken…
Wir versammelten uns zu einer Lagebesprechung. Eigentlich erwarteten wir unsere parallel Lehrjahre aus Ost-und Norddeutschland, denn die hatten wir voll eingeplant, für Küchendienste und alles was so während einer Tagung ansteht. Doch es kam fast niemand… Eine aus dem Norden, vier aus dem Osten. Wo sind die Anderen? ‚Welche Anderen?‘ „letztes Jahr wo wir uns getroffen haben waren wir alle zusammen doch mindestens 30 Leute!“ Es kamen also nicht mehr um zu helfen. Das war ein Schock. Der Koch teilte uns mit dass er mindestens 8 Personen allein am Vormittag in der Küche bräuchte. In dem Moment zerplatzten unsere Träume an einem Kurs teilnehmen zu können. Unser Kurs wird Küchendienst heißen! Und so war es auch. Uns wurde nicht langweilig denn es gab nicht genug Geschirr, also mussten wir während der Mahlzeiten hin und her, Spülmaschine auf und zu, Geschirr rein und raus. Tee kochen, Oh nein, der Cafe. Wird der bis zum Frühstück fertig? Nee weil die große Maschine 1,5 Std. braucht. Leider zu spät angestellt….die Schlangen vor dem Buffet zogen sich…wir bekamen Panik. Der salzige Brotaufstrich schon am 1.Abend fast leer, immer wieder nachlegen. Doch es ließ sich in dem Moment nichts ändern. Am Sonntag Morgen waren wir dann so richtig eingearbeitet.Jeder wusste was er zu tun hatte und alles lief wie am Schnürchen.
Als Highlight sollte es am Sonntag um 8:30 einen Vortrag geben und anschließend eine Podiumsdiskussion. Um 8:35 waren verdächtig wenig Plätze im Saal besetzt. Mir schossen viele Gedanken durch den Kopf: „die Party gestern Abend, auf dem alten Programm steht 9 Uhr, die Teilnehmer haben genug und ich bin echt am Ende meiner Kräfte“. Trotz allem setzte ich mich in Bewegung, schnappte mir ein Paar Leute die rum standen und rannte noch einmal durch die Schlafräume. Der Vortragsredner hatte mich darauf aufmerksam gemacht dass er bei der Suche nach Kreide, auf ne ganze Horde Schnarchender Menschen gestoßen sei. Wir riefen alle zusammen die wir erreichen konnten und es kamen auch noch immer mehr schlaftrunkene nach Beginn des Vortrages herein.
Voller Schrecken viel mir ein, dass ich schnell in die Küche musste, denn nach dem Vortrag gab es ja wieder Cafe.
Nach dem Cafe schon der letzte Teil der Tagung: die Diskussionsrunde… Leider haben alle Diskussionsteilnehmer abgesagt. Wir sind ja spontan. Unser Moderator veranlasste einen Kreis zu machen und jeder Teilnehmer sollte sagen was er für Impulse in die Zukunft tragen wolle. Ich stellte mir vor wie fürchterlich das werden würde wenn jeder erst einmal beginnt und merkt dass 130 Menschen ihm zu hören, es wird doch kein Ende geben… so kann man sich im Leben täuschen. Es gab wunderbare Beiträge die mich bereicherten und wo ich merkte, dass das, was ich tue für mich sehr sinnvoll ist, das es etwas Wunderbares ist, wenn Menschen zu einander finden um gemeinsam in die Zukunft zu blicken.
Johanna Fellner