„Was ist das nur für eine Ausbildung?“, fragen mich Menschen. Ich bin Lehrling im Garten eines Demeter Betriebes. Momentan, im Winter, bleibt nicht viel zu tun im Garten. Ich komme jetzt öfter raus, in den Stall, die Käserei, den Wald. Gehe auch mal in die Stadt, fahre zu Familie, sehe Freunde und treffe Bekannte. Was ist das nur für eine Ausbildung, die du da machst?, fragen sie mich. Was ist das nur für ein Beruf, dem du dich da so hingibst, was ist das nur für ein Leben, das du da freiwillig führst, auf diesem Hof?
Die meiste meiner Zeit verbringe ich seit spätestens einem Jahr, also spätestens seit Beginn meiner Ausbildung zur biologisch-dynamischen Gärtner*in oder Landwirt*in auf einem biologisch-dynamisch wirtschaftenden Hof. Dieser Hof liegt entweder mitten im Nirgendwo, oder irgendwo zwischen Nirgendwo und einer Stadt. Die meiste Zeit spielt das jedoch keine Rolle. Der Hof – der Hoforganismus – wie man es in dieser Gesellschaftsblase sagen hören könnte, der Hoforganismus ist das Zentrum meines Bewusstseinskosmos geworden. Welten-Du und Seelen-Ich, Bewusstseinsstrom und Traumestiefen …
Ich und der Hof und all die anderen und ich, wir tanzten alle gemeinsam Tango den ganzen letzten Sommer. Dabei entsprangen Möhren, Sellerie und Tomaten, Weizen, Gerste und Roggen, Milch, Kälber und Mist und Honig und Fleisch. Im Schweiße unserer zufriedenen, gemeinschaftlichen und lachenden AngesichtsGesichter. Und jetzt war erst einmal die Puste aus. Jetzt war erst einmal der Herbst. Der Herbst kam wie eine Wohltat. Der Winter strich ein wie ein lieber Freund. Jetzt ist erst mal Winter. Sternen-Winter, Geistes-Geister- Winter, geistige Zeit, Reflektions-Zeit. Zeit des inneren Wachstums, der Schau nach Innen und des Bücherlesens, Tagebuchschreibens, Gartenbuch und Berichtsheft bearbeitens.
Der Boden und Ich, wir nehmen Abstand voneinander. Das heilige Feld – nur im Spaziergang komme ich ihm wieder gefährlich nahe. Es liegt da, ganz für sich. Ich achte seine Privatsphäre – kommt es mir in den Sinn. Was dort passiert, passiert jetzt ohne mich, das muss so sein, denke ich mir und fühle es auch. Also weg hier. Der Januarkurs kommt und er kann gar nicht gelegener kommen. Abstand! Und zugleich: ganz tief rein in die Materie. Und gleichzeitig: ein oberflächliches Vorspiel für den nächsten wilden Tango, der vielleicht jetzt eher ein wohlrhythmisierter Walzer sein wird? Der Februar kam. Ein milder Februar. Wann geht es los, geht das überhaupt noch so und halte ich und mein Körper durch? Warum mache ich das überhaupt? Was ist das für eine Ausbildung, die ich da mache? Frage ich mich selbst. Ich habe keine Antwort, dafür fehlt mir der Sommer. Der Februar, ein letzter überraschend zeitiger und zäher Monat auf dem ersten Hof vor dem Wechsel zum nächsten Hof im März. Jedenfalls für einige von unserem Lehrjahr. Ein paar andere wechseln nicht. Was ist das für eine Ausbildung – müsst ihr den Betrieb wechseln?
Es ist eine Wanderausbildung und manche wechseln, manche jedoch (noch) nicht. Jeder unserer Höfe ist anders und jeder von uns Lehrlingen ist ganz unterschiedlich. Bio- dynamisch: Mit dem Dynamisch werden echte Menschen als Bezugspunkte gesetzt. Die bio-dynamische Ausbildung, wie geht das eigentlich nicht frei? Zumindest, von jetzt an frei von Finanz-Bürokratie Formularen, denn die Stütze der Kammerfinanzierung in NRW entfällt nun doch noch einmal wieder. Was uns Lehrlinge sehr betrübte. Sagt uns das doch, dass wir und unsere Ausbildung in mancher Augen nicht förderungswürdig erscheinen. Im Gegensatz dazu wurde das Netzwerk Biodynamische Bildung und damit die biodynamische Ausbildung circa zeitgleich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und UNESCO für Engagement und Arbeit am Leitziel Bildung für nachhaltige Entwicklung ausgezeichnet. Wir starten damit mit eingeschränkteren Finanzmitteln aber immerhin einem gehörigen Plus an gesellschaftlicher Anerkennung in die neue Saison. Insgesamt recht zuversichtlich. Mit Hand und Herz sehen wir dem nächsten Frühling entgegen. Keimtests, Anbauplanung, Saatgutbestellungen, Stalldienst und Maschinenwartungen stimmen uns ein. Wir freuen uns darauf im März wieder ein volles neues Lehrjahr begrüßen zu dürfen. Und freuen uns ebenso über einen neuen Schwung Absolventen der Ausbildung, die während ich das hier schreibe, noch einmal ihren ganzen Prüfungsstress unter Kontrolle bringen dürfen. Wir freuen uns auch auf die Seminare und Dozenten, durch die unsere Ausbildung die UNESCO Auszeichnung wirklich verdient hat. In der neuen Saison werden wir von neuem Verantwortung übernehmen dürfen für Erde, Leben, Klimawandel und soziale Kontexte. Wir machen das gerne, weil es notwendig ist, weil es gesund und richtig ist und weil es sich gut anfühlt.